Verschenkte Freiheit
01 Reaktion
stoppt revolutionären Aufbruch |
03 SA schlug sofort zu
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02 Gespaltene Stadt
"Reaktion stoppt ..."
Mehr als 1000 Zuhörer konnte der aufstrebende Agitator Hitler mobilisieren, als er am 17. Mai 1923 in Erlangen gegen die als "Novemberverbrecher" diffamierten Politiker der Republik hetzte. Folgen der Krise waren die politische Radikalisierung im bürgerlichen Lager und gewalttätige Auseinandersetzungen auf den Straßen, wie die zwischen den sozialistischen " Werkerbewohnern" und Mitgliedern des völkischen "Wandervereins" im Juli 1923.
02.01 Gespaltene Stadt
Die soziale Lage und die politische Situation in der Universitäts- und Industriestadt Erlangen während der Weimarer Republik ist gekennzeichnet durch eine klare Trennung zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft sowie deren politischer Organisationen.
Als Abgeordnete der rechtsextremistischen Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP), mit der die meisten Professoren der Universität sympathisierten, erhofften sich Arnold Spuler und Hermann Strathmann als Landtags- und Reichstagsabgeordnete die Rückkehr des vergangenen Obrigkeitsstaats. Ihr Kollege, der Zahnmediziner Johannes Reinmöller, hatte auf dem "Deutschen Tag" in Nürnberg nach Ludendorff und Hitler geredet, der Rektor der Universität, Hans Preuß, überbrachte den Teilnehmern des Rechtskartells die Grüße der Friedrich-Alexander-Universität und des ASTA.
02.02 Seit 1922 aktiv in Erlangen
Die Hitler-Bewegung, seit 1922 in der Stadt aktiv, hatte im Inflationsjahr
1923 regen Zulauf; in ihrem Parteilokal "Goldenes Herz" am Neustädter
Kirchenplatz konnte Ortsgruppenleiter Alfred Groß Mitglieder und Sympathisanten
begrüßen. Für die liberale DDP, als Partei der Mitte, stimmte
bis 1924 ungefähr ein Drittel der Erlanger Bevölkerung; in den folgenden
Jahren verlor der Liberalismus kontinuierlich an Bedeutung, der Übertritt
seines prominenten Repräsentanten, Prof.
Friedrich Lent in die DNVP war dafür symptomatisch.
Die Sozialdemokraten, die in allen Wahlen bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten mehr als 40 Prozent der Stimmen bekamen, konnten trotz der bürgerlichen Mehrheit im Rathaus viele ihrer kommunalpolitischen Forderungen in Zusammenarbeit mit anderen Parteien durchsetzen, die die Stadt bis heute prägen.
Die "Genossenschaftssiedlung" im Süden, von Arbeitern erworbene Kleinheimstätten in Buckenhof und Alterlangen gehörten ebenso zu diesen Projekten wie der Bau des Röthelheimbades, des Altenheimes am Ohmplatz sowie die Erweiterung des Schlachthofes und des Zentralfriedhofs. Die Umwandlung des Altstädter Rathauses in ein "Volksbildungshaus" verweist auf die bildungspolitischen Vorstellungen der SPD und ihres Vorsitzenden Michael Poeschke, Gründer und Redakteur der Parteizeitung Erlanger Volksblatt.
Das Altenheim am Ohmplatz gehört zu den kommunalpolitischen Erfolgen der SPD vor 1933. |
02.03 Auf dem Weg in die Diktatur
Auf Grund der Eingemeindungen von Sieglitzhof, Alterlangen, Büchenbach und Bruck wuchs die Stadt in den zwanziger Jahren um fast 4000 Einwohner. Die Erlanger Industriebetriebe wie Siemens-Reiniger für Medizintechnik, das elektrische Messgeräte herstellende Unternehmen "Gossen", die Bleistiftspitzer-Fabriken Klebes & Mußgiller und Möbius & Ruppert waren neben kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben die Arbeitgeber für die auf 32 000 Einwohner angewachsene Stadtbevölkerung zu Beginn der dreißiger Jahre.
Die Weltwirtschaftskrise seit 1929, die auch in Erlangen die Arbeitslosenzahlen auf über 3000 ansteigen ließ, brachte den Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei. Fast ein Viertel aller Wähler in der Stadt stimmte bei der Reichstagswahl 1930 für Hitler und seine gewalttätige Bewegung, die durch Straßenkrawalle zwischen SA und Mitgliedern des demokratischen "Reichsbanners" außerdem durch Hetzkampagnen den politischen Gegner einzuschüchtern versuchte.
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