Das Romantische Bücherforum interviewt seine Gründerinnen:

 

Jede Liebesromanleserin kennt das Gefühl, belächelt zu werden, wenn sie zugibt, dass sie diese Form der Entspannung wählt. Wie sehr haben sich Leserinnen gewünscht, sich über ihren Lieblingsroman austauschen zu können ohne verspottet zu werden. Zwei Frauen haben uns die Möglichkeit dazu gegeben: Isolde Wehr und Ute-Christine Geiler gründeten DAS ROMANTISCHE BÜCHERFORUM.

Ute-Christine Geiler und Isolde Wehr bei der Romantic-Times-Convention in Reno 2002

Hallo Ute, hallo Isolde,

zuerst einmal möchte ich mich bedanken, dass ihr euch die Zeit nehmt, unsere Fragen zu beantworten. Die Forumsmitglieder aus dem Romantischen Bücherforum waren sehr fleißig und haben mir einige interessante Fragen zukommen lassen, die ich euch nun u. a. stellen werde.

Maria: Könnt ihr euch noch erinnern, wann ihr begonnen habt Liebesromane zu lesen?

Ute: Das war schon sehr früh, im zarten Alter von etwa 12 Jahren habe ich angefangen, Georgette Heyer zu lesen, "Skandal im Ballsaal" hatte mir meine Mutter zum Geburtstag geschenkt. Fast immer schon habe ich Bücher regelrecht verschlungen, lange Zeit war das mein einziges Hobby. Die Bücher von Berte Bratt und Marie Louise Fischer waren die ersten Liebesgeschichten, die ich gelesen habe. Nach Georgette Heyer war dann kein Halten mehr - leider war damals das Angebot noch nicht so groß wie heute. Mit etwa 16 Jahren sind mir dann die Bücher von Cynthia Wright in die Hände gefallen, "Wo bist du, Glück" und "Lockruf der Liebe". Seit Mitte der 80er Jahre lese ich fast alles, was so auf Deutsch erscheint, und seit 1998 auch und vermehrt englische Originale.

Isolde: Oh klar, diese Geschichte erzähle ich besonders gern ;-) könnte also etwas länger dauern. Ich habe ja nie ein Geheimnis daraus gemacht, das ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen bin. Und von klein auf liebe ich Bücher und war regelmäßig in den Bibliotheken anzutreffen. Meine Familie kennt mich gar nicht ohne Buch im Schlepptau :-). Als jedoch die Wende kam war ich 15 und wusste ich nicht mehr, was ich denn jetzt eigentlich lesen soll. Ich habe mein Glück mit Cora Romanen probiert (Tiffany, die waren damals noch schwarz, an soviel kann ich mich erinnern und man konnte sie leicht hinters Bett rutschen lassen, wenn Mutter mal wieder gesagt hat ich soll doch schlafen und das Licht ausmachen statt zu lesen) und eines Tages hab ich dann Taschenbücher entdeckt (ich kann mich nicht mehr erinnern ob wir Taschenbücher in dem Sinn auch in der DDR hatten) und nachdem ich mir unbedingt was zu lesen kaufen wollte, habe ich mir einen Georgette Heyer Roman ausgesucht, „Skandal im Ballsaal“. Das war eine Ausgabe von Rowohlt mit einer witzigen Zeichnung vorn drauf und ich habe den Text der dort stand, falsch aufgefasst. Ich dachte in dem Buch geht es um ein uneheliches Kind, von dem der Vater nichts wusste. War aber ganz falsch. Naja zu Hause angekommen habe ich mein Missgeschick gemerkt und das Buch in die Ecke gepfeffert.

Kurz darauf hab ich es jedoch wieder hervor geholt, da bei uns im Buchladen über der Kasse immer ein Schild hing wo draufstand: „Wer ein Buch kauft ohne es zu lesen, begeht Selbstmord ohne es zu wissen.“ Keine Ahnung wer diese klugen Worte verfasst hat, mir jedenfalls haben sie ordentlich ins Gewissen geredet und ich habe kurz darauf angefangen, das Buch dann doch zu lesen. Was soll ich sagen, nach 100 Seiten hat es mich erwischt und als ich damit fertig war, bin ich auf dem schnellsten Weg wieder in die Buchhandlung um noch mehr Georgette Heyer Romane zu kaufen. Das ging solange, bis ich alle zu Hause und alle gelesen hatte. Von da war es nur noch ein Katzensprung zu Caroline Courtney und irgendwann habe ich mir dann auch meinen ersten Johanna Lindsey Roman gekauft, dann folgten Cora MyLady Romane, Cora Historicals, Jude Deveraux usw. Ein kleines Buch hat einen regelrechten Schneeballeffekt ausgelöst :-) und ich könnte mir heute ein Leben ohne Liebesromane gar nicht mehr vorstellen.

Maria: Was war euer Beweggrund ins Internet zu gehen und wann habt ihr eure Websites gegründet?

Ute: Ich habe seit wir Internet hatten, etwa 1996 immer wieder im Internet nach Informationen gesucht, aber nur amerikanische Seiten gefunden. The Romance Reader Core Page fand ich klasse, sodass ich immer wieder mit dem Gedanken spielte, so etwas auch auf Deutsch zu versuchen. Eines Tages dann im Mai 1998 bin ich zufällig über Isoldes Seite gestolpert - und war hin und weg. Damit sie nicht länger allein ist, habe ich dann spontan den Entschluss gefasst, endlich meine eigene Seite zu entwerfen. Innerhalb von zwei Wochen hatte ich alles fertig und die ersten 50 Rezensionen online. Im ersten Jahr ist "Das Bücherregal" viel schneller gewachsen, aber seit ich im Frühjahr 1999 damit begonnen habe, für CORA zu arbeiten, sind die Updates immer spärlicher geworden. Meine Homepage liegt mir nach wie vor sehr am Herzen, da sie mir bislang viel Glück gebracht hat. Darum werde ich sie auch nicht so bald aufgeben, auch wenn mich ständig mein Gewissen plagt, weil ich nur so wenig Zeit dafür habe.

Isolde: Da ich vier Brüder habe, kam ich auch als Teenager nicht drum herum, sehr viel über Computer raus zu finden. Ich kann mich noch gut dran erinnern, als mein Bruder Gundram seinen ersten Commodore gekauft hat, man haben wir diese Computerspiele geliebt :-). Und so kam es auch, dass mein Bruder Gundram als erstes Zugang zum Internet hatte. Zu dem Zeitpunkt wollte ich unbedingt wissen, was denn das „Romantic Times Magazine“ ist und mit ein bisschen Stöbern im amerikanischen Netz, bin ich über eine wahre Goldgrube an Informationen gestolpert. Logisch das mein jüngerer Bruder dann auch unbedingt einen Internetzugang wollte. Bald darauf hatten mein ältester und mein jüngster Bruder eine Homepage im Internet (weil das gerade „in“ war) und irgendwann sagte mein kleiner Bruder zu mir: Sag mal warum machst Du nicht eine Homepage über Deine Bücher?

Gesagt, getan, ich war total begeistert von der Idee, habe seine HP einfach umgearbeitet (denn zu dem Zeitpunkt musste ich mir HTML-Programmierung noch selber beibringen) und kurz darauf die „Romantische Bücherecke“ ins Netz gestellt, das war ca. Oktober/November 1996. Das genaue Datum weiß ich leider nicht mehr. Was ich noch weiß ist das ich furchtbar stolz auf mich war und dachte: So Leute hier bin ich, ich kann nicht der einzige Leser von Liebesromanen in Deutschland sein, also wo seit ihr? Naja … was soll ich sagen, ein Jahr lang ist ungefähr gar nichts passiert :-) außer das ich weiterhin fleißig gesurft bin, meine amerikanische E-mail Freundin Pam kennen gelernt habe, die auch eine HP über Romances hat, und die mich in einem schwachen Moment gefragt hat ob ich nicht „Reviews“ für sie schreiben will und so habe ich erst begonnen meine Bücher auf deutsch zu lesen und auf englisch Reviews zu verfassen. Als mir nichts mehr einfiel für regelmäßige Updates, habe ich dann angefangen die Reviews auf deutsch und auf englisch zu schreiben, einmal für meine HP und dann für Pam ihre. Zu dem Zeitpunkt gingen dann gott sei dank auch die ersten anderen deutschen Liebesromanleserinnen online und ich hab mich nicht mehr so allein im Netz gefühlt :-)

Maria: Eine Frage, die mich besonders interessiert: Wie habt ihr euch kennen gelernt? Seid ihr über die Homepage der anderen gestolpert? Wie ging das vor sich?

Ute: Ja, das war Isoldes Homepage - irgendwann habe ich die eher zufällig im Netz gefunden und Isolde sofort eine e-Mail geschrieben. Nach ein paar Monaten haben wir uns dann getroffen, nachdem wir gemerkt hatten, dass sie nicht weit von Kassel entfernt wohnt, wo ich aufgewachsen bin. Bei meinem nächsten Heimaturlaub haben wir uns dann in einem Gasthof auf halber Strecke verabredet. Es war richtig klasse, mal mit jemandem über Liebesromane fachsimpeln zu können. Seitdem telefonieren wir oft und treffen uns bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit.

Isolde: Mal sehn ob ich das noch zusammen kriege, Ute weiß das bestimmt noch besser als ich. Ich glaube irgendwann 1997 oder 1998 flattere mir eine E-mail von Ute ins Haus die meine HP gesehen hatte und meinte sie wolle auch eine HP mit Liebesroman-Buchbesprechungen ins Internet setzen. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch: Ach schon wieder jemand der den Kopf voller Ideen hat und dann doch nicht umsetzt. Als kurze Zeit später dann eine E-mail von ihr kam mit dem Inhalt: Hey meine HP ist online und mit ihr gleich 50 Buchbesprechungen oder so, ist mir erstmal der Unterkiefer runtergeklappt. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich nicht gedacht, dass Ute das wirklich ernst gemeint hat. Ich bin bis heute ewig dankbar dafür, dass sie ihre Idee in die Tat umgesetzt hat, und nicht nur drüber geredet hat, wie viele vor ihr.

Maria: Wann kam euch zum ersten Mal die Idee ein Forum zu gründen? 

Ute: Das war Isoldes Idee, sie hatte sie schon verwirklicht, als ich dazukam. Da es keinen Sinn machte, für meine Seite ein eigenes Forum zu eröffnen, hat sie mir netter Weise angeboten, ihres gemeinsam mit mir weiterzuführen.

Isolde: Ähm … willst Du wissen wie es wirklich war? Wenn ich mich Recht erinnere hatte Petra von Petras Bücherforum das erste Bücherdiskussionsforum im Internet. Nur leider konnte ich da nicht über Liebesromane diskutieren, weil die Besucher ihrer HP keine LR’s gelesen haben. Also habe ich kurzerhand auch bei Parsimony ein Forum angemeldet und das „Romantische Bücherforum“ online geschickt. Ute von Ute’s Leserattenseite stellte auch noch ein Forum online und ich dachte mir wenn Ute vom Bücherregal das auch noch macht, dann machen wir uns ja gegenseitig Konkurrenz. Also habe ich Ute angemailt und gefragt ob wir das Forum nicht als Gemeinschaftsprojekt laufen lassen wollen. Gesagt, getan :-)

Maria: Das Kind war also geboren: „Das Romantische Bücherforum“! Doch ich kann mir vorstellen, dass es zu Beginn ein einsames Kind war....

Ute: Als ich dazukam, lief es schon recht gut - auch wenn es dort nicht so lebhaft zuging wie jetzt hier. Dafür war es auch irgendwie intimer ...

Isolde: Das stimmt :-) es gab zwar schon einige Liebesromanleserinnen die online waren, aber das man so offen darüber diskutiert, das mussten wir erst noch üben. Irgendwann hat sich das Forum dann zum „Selbstläufer“ entwickelt. 

Maria: Als sich die ersten Forumsmitglieder beteiligt haben, muss das doch ein tolles Gefühl für euch gewesen sein. Wie lange hat dies ungefähr gedauert und wie viele waren es am Anfang? Wie habt ihr Werbung gemacht?

Ute: Das muss Isolde beantworten.

Isolde: Am Anfang haben wir auch das gemacht, was heute noch getan wird, wir sind von Forum zu Forum gehüpft und haben überall gepostet, da einfach noch nicht genug Leute online waren, um großartige Diskussionen zu führen. Irgendwann allerdings ist dann mal der Damm gebrochen und das Romantische Bücherforum lief von selbst :-) und die anderen Foren ebenfalls.

Maria: Wie viel Zeit habt ihr am Anfang ins Forum gesteckt? Gibt es noch Forumsmitglieder der ersten Zeit und habt ihr auch persönlichen Kontakt zu den Mädels?

Ute: Hm, das ist schwierig zu beantworten - Maria, dich kenne ich schon länger, aber bisher leider nur schriftlich, sozusagen. Sabine, Birte und ein paar andere habe ich ja mal auf dem Treffen bei der Buchmesse 2000 kennen gelernt.

Isolde: In das Forum und in unsere HPs haben wir beide eine Unmenge an Zeit und Energie gesteckt. Gerade am Anfang war es schwer, ich erinnere mich noch dass so ein Spinner auf allen Foren absolut perverse Beiträge gepostet hat, die stündlich gelöscht werden mussten. Das hat keinen Spaß gemacht. Wer hat denn ganz am Anfang außer Ute und mir noch gepostet? Gute Frage :-) ich fürchte das weiß ich nicht mehr so genau. Persönlich kennen gelernt habe ich mittlerweile viele Liebesromanleserinnen und -leser, was mir immer besonders viel Spaß macht. Da wären Ute, Lore, Angela, Reiner, Ina, Sabine, Agathe, Karin, Nadja, Margitta, Bettina, Holger, Petra und sicher noch ein paar mehr, die mir gerade nicht einfallen. Ein paar von den Namen kennt man aus dem Forum, mit ein paar hatte ich hauptsächlich E-mail Kontakt.

Maria: Isolde – die Ideen gingen dir ja nie aus, sondern du hast dann gleich noch ein Forum gegründet: Das „Jane Austen Forum“. Erzähl doch mal, warum gerade diese Autorin und was wurde aus dem Forum?

Isolde: Oje, das war damals noch so eine von meinen „Ideen“, als ich vor Tatendrang fast geplatzt bin. Ich hatte einfach tausend Sachen im Kopf, die ich alle auf die HP bringen wollte. Und als damals der Dreiteiler „Stolz und Vorurteil“ im Fernsehen lief und kurz darauf „Emma“ im Kino, musste ich dazu einfach eine Seite ins Netz setzen. Daraufhin bekam ich so viele E-mails die alle fragten ob ich die Verfilmungen auf Video hatte, wie ich die Bücher fand usw., das das Jane Austen Forum einfach gegründet werden „musste“ :-) Peinlicherweise muss ich gestehen, dass ich bis heute keinen Jane Austen Roman gelesen habe, sondern nur die Verfilmungen kenne :-) Und aus Zeitgründen, habe ich das Jane Austen Forum dann abgegeben. Ich fand, wahre Jane Austen Fans sind viel besser geeignet dort die Diskussionen zu führen als ich.

Maria: Besuchst du es ab und zu noch?

Isolde: Zu meiner Schande muss ich gestehen nein, zum einen weil ich immer noch E-mails von verzweifelten Fans kriege die unbedingt wollen das ich ihnen den Jane Austen Dreiteiler „Stolz und Vorurteil“ überspiele und zum anderen fehlt mir einfach die Zeit und die Energie dafür.

Maria: Zurück zum Romantischen Bücherforum. Eine große Hilfe für das Forum sind die vielen Buch-Rezensionen. Wem kam die Idee, diese in eine Datenbank zusammenzufassen: „Das Liebesromanarchiv“?

Ute: Das ist auf meinem Mist gewachsen - es war auch eine Heidenarbeit, unsere Datenbanken zu vereinen. Und ich bin Carmen wirklich dankbar, dass sie sich bereit erklärt hat, das Update zu übernehmen, denn die Arbeit nahm langsam überhand. Zwar hatte ich damit gerechnet, dass es arbeitsintensiv wird, aber den tatsächlichen Aufwand doch unterschätzt. Also Carmen - vielen lieben Dank! Ich halte es nämlich für sehr wichtig, alle bei Isolde und mir verfügbaren Rezensionen so zusammenzufassen, damit man nur auf einer Seite nachsehen muss und auch gleich sehen kann, wie der Roman von verschiedenen Rezensenten beurteilt wird.

Isolde: Die Idee kam definitiv von Ute :-) Als wir uns das zweite Mal persönlich getroffen haben, haben wir die Idee festgezurrt. Ich habe mich heroisch geweigert die Arbeit dafür zu übernehmen und so musste ich Ute die Links zu allen meinen Buchbesprechungen schicken und die Arme hat daraufhin Tag und Nacht geschuftet und meine und ihre Buchbesprechungen zum Liebesromanarchiv zusammen zu fügen. Und auch hier wurde die Arbeit irgendwann zuviel für uns, gott sei dank hat sich Carmen bereit erklärt das Liebesromanarchiv weiterhin zu pflegen und zu updaten, sonst hätte dieses Projekt eingestellt werden müssen. Danke Carmen, Du leistest tolle Arbeit!

Maria: Ihr seid nicht nur privat, sondern auch beruflich mit Liebesromanen beschäftigt. Erzählt uns doch mehr darüber, damit wir uns ein Bild von eurem Umfeld machen können.

Ute: Ich habe Deutsch und Geschichte im Magisterstudiengang studiert - nach meinem Abschluss habe ich erst einmal im Laufe von vier Jahren meine drei jüngeren Kinder bekommen und war ganz Hausfrau und Mutter. Es war eine gewaltige Umstellung von der Uni an Putzeimer und Herd. Da es mir bald sterbenslangweilig wurde (Kleinkinder sind zwar meist lieb, aber leider nur selten zu anregenden Gesprächen in der Lage), habe ich vermehrt Bücher gelesen. Dann habe ich meine Homepage auf die Beine gestellt, was dazu führte, dass Frau Bröhl von CORA auf mich aufmerksam wurde. Sie hat mich kontaktiert und gefragt, ob ich nicht Liebesromane vom Englischen ins Deutsche übersetzen wollte. Das wollte ich gerne und tue das seitdem auch fleißig. Letztes Jahr im Sommer hat mich Weltbild dann gefragt, ob ich nicht für sie eine Sammleredition mit historischen Liebesromanen herausgeben wollte. Das war die Geburtsstunde von Romantica.

Isolde: Schon verrückt das Ute und ich heute beide auch beruflich mit Liebesromanen zu tun habe :-) wer hätte sich das vor allen den Jahren ausmalen können. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als ich das erste Mal eine E-mail von der PR-Agentin von Cora bekam. DAS war vielleicht aufregend! Frau Bröhl hatte wohl über eine Link auf der Bild-Zeitung online zu meiner Homepage gefunden und kurz darauf hat sich ein reger Mailverkehr zwischen Bettina (damalige PR-Agentin von Cora) und mir entwickelt. Und Bettina war es auch, die mich irgendwann gefragt hat, ob ich nicht Liebesromane für Cora lektorieren will. Ich wusste zu dem Zeitpunkt schon ungefähr was man da machen muss, da ich über das RT Magazine eine gewisse Margitta in Hamburg kennen gelernt hatte, die auch für Cora lektoriert. Ich habe natürlich sofort ja gesagt, mein erstes Gutachten war allerdings noch nicht so wie sich Frau Bröhl das gedacht hatte und ich bekam ordentlich Kritik :-) aber bald darauf hatte ich den Dreh raus. Wer allerdings glaubt das wäre ein Traumjob, den muss ich enttäuschen. Ich habe sehr bald gelernt, das es zwar Spaß macht ein gutes Buch zu lesen, aber ich kann nicht sagen durch wie viele unzählige schlechte Bücher ich mich im Laufe der Jahre quälen musste, damit ich auch begründen kann, warum diese Bücher nicht übersetzt werden sollten! Und ein Gutachten besteht nicht einfach nur aus einer schlichten Inhaltsangabe, die Informationen die hier aufgezählt werde müssen, haben es in sich.

Tja irgendwann habe ich dann auch einen Beschwerdebrief an den Bertelsmann Club geschrieben, bei dem ich seit Anfang der Neunziger Jahre Mitglied war, weil ich in einem Quartalskatalog keinen neuen Liebesroman gefunden hatte. Durch einen Wink des Schicksals ist dieser Brief auf dem Schreibtisch der zuständigen Lektorin gelandet und auch hier hat sich ein E-mail Kontakt entwickelt und irgendwann wurde ich von ihr gefragt, ob ich nicht auch für den Bertelsmann Buchclub Liebesromane lektorieren will. Gesagt, getan :-). 1998 war ich das erste Mal im Clubkatalog mit einer kleinen Nachricht zu einem Amanda Quick vertreten, 2001 noch einmal zu einem Kathleen E. Woodiwiss Roman. Diesen Beitrag haben auch die Mitarbeiter der Unternehmensentwicklung bei Bertelsmann gesehen und da schon die Idee geboren war, einen „Liebesroman-Buchspezialclub“ zu gründen, bekam ich halt im Januar 2001 einen Anruf und man hat mir den Job als Programmchefin für Moments angeboten. Was soll ich sagen, auch hier konnte ich einfach nicht nein sagen :-)

Maria: Schon durch diese Fragen erkennt man, dass die Projekte immer größer, die Arbeit immer mehr, euer beruflicher Werdegang immer intensiver wurde. Kam da ein Zeitpunkt, wo euch alles über den Kopf wuchs? Wie habt ihr gehandelt?

Ute: Bei mir ist dieser Zeitpunkt noch nicht erreicht. Ich habe, wann immer die Arbeit zuviel zu werden drohte, auch schon Aufträge abgelehnt, das musste ich aber erst ein paar Mal. Mir ist wichtig, dass ich die Lust am Lesen von Liebesromanen nicht verliere.

Isolde: Du meinst ob wir ans aufhören gedacht haben? :-) Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich war zwischenzeitlich schon mehrmals soweit, dass ich alles einstellen wollte. Man muss sich das mal überlegen, seit 1996 (das sind jetzt volle 6 Jahre!) gibt es bei der Romantischen Bücherecke regelmäßig ohne Ausnahme Updates die nicht länger als maximal 2 Monate auseinander liegen. Das heißt ich opfere regelmäßig meine Freizeit, um dieses Projekt am Leben zu halten. Aber keine Angst, ich kann ja doch nicht aufhören :-) dafür sind mir die Homepage und die Besucher viel zu sehr ans Herz gewachsen. Aber natürlich mussten auch Sachen zurückstehen. Wie Du sehr gut weißt, hatten Ute und ich irgendwann keine Zeit und keine Nerven mehr für das Forum. Ich war irgendwann an einem Punkt, wo ich einfach nicht mehr mit Geduld die Fragen dort beantworten konnte, daher hatten Ute und ich die Idee das Projekt Dir anzuvertrauen, weil wir der Meinung waren Du bist perfekt dafür, das hast Du ja schon bewiesen, als Du die Wiki-Aufsicht übernommen hast. Das Jane Austen Forum habe ich abgegeben aus denselben Gründen und das Liebesromanarchiv wird heute von Carmen betreut. Als ich angefangen habe für Moments zu arbeiten, sah es fast so aus als müsste ich auch meine HP einstellen, aber gott sei dank hat sich Ina bereit erklärt, für mich die ganzen Buchbesprechungen HTML-mäßig aufzubereiten. Karin tippt regelmäßig die Neuerscheinungsliste von Cora ab und dann gibt es da noch die vielen fleißigen Reviewerinnen, ohne die ein Update kein Update wäre :-). Heute bin ich soweit das ich sage, ohne die Hilfe vieler fleißiger und selbstloser Liebesromanleserinnen, würde es meine Homepage nicht mehr geben, denn die viele Arbeit kann nicht mehr von einem allein bewältigt werden. DANKESCHÖN!

Maria: Seid ihr euch in irgendeiner Sache mal uneinig gewesen?

Ute: Bei der Beurteilung bestimmter Romane sicher, sonst aber eigentlich nicht, oder?

Isolde: Klar :-) meistens bei Büchern. Es gibt Romane, die haben Ute toll gefallen und mir gar nicht und umgekehrt. Aber ansonsten verstehen wir uns prächtig und telefonieren regelmäßig miteinander. Und wenn Ute mit der Familie in Urlaub fährt und für Wochen nicht zu erreichen ist, fehlt mir was :-)

Maria: Was sagen heute eure Bekannten/Familie/ Freunde über euren Erfolg im Vergleich zu den Anfängen. Wurdet ihr belächelt und hat sich das geändert? Ute – vergiss doch bitte nicht, uns noch etwas über deine Familie zu erzählen, da sie nur aus Männern besteht!

Ute: Wem immer ich davon erzähle, dass ich Liebesromane übersetze, reagiert erstaunt - es ist halt kein Allerweltsjob. Aus meiner Familie hat bisher nur einer meiner Schwager schon mal die eine oder andere verächtliche Bemerkung fallen lassen. Ansonsten ist es wohl so, dass es eher akzeptiert wird, wenn man sich beruflich mit Liebesromanen beschäftigt, als wenn man bekennt, sie zum Vergnügen zu lesen. Meine Schwiegermutter zum Beispiel, eine ehemalige Schauspielerin, konnte es eine Zeit lang nicht fassen, dass ich "so etwas" gerne lese. Jetzt, da ich aber Geld damit verdiene, findet sie es klasse und hat sogar schon einen Roman von "mir" gelesen.

Meine Jungs nehmen's gelassen - besonders die drei jüngeren kennen Mama ja nicht anders, als mit "so" einem Buch in der Hand (oder wenigstens in greifbarer Nähe). Beim Stillen war mir oft, wenn die Herren dann endlich einschliefen, echt langweilig, weswegen ich immer ein Buch in der Hand hielt. Nur einmal hat mich mein Jüngster gefragt: Mama, warum sind die Männer und Frauen auf deinen Büchern vorne drauf immer nackt? Naja, ich habe geantwortet, dass das den Buchhändlern und Verlegern so gefällt.

Und der Göttergatte hat keine Probleme mit der von mir gewählten Arbeit. Nur ab und zu beschwert er sich, wenn er über den einen oder anderen Bücherberg stolpert.

Isolde: Meine Familie hat immer gesagt: Mädchen lies doch nicht soviel Bücher, das was da drin steht passiert sowieso nicht im richtigen Leben :-). Jahrelang habe ich meine Liebesromane versteckt, auch vor meiner Familie. Heute gehört es einfach dazu und niemand regt sich mehr über die Regale mit überquellenden Liebesromanen auf, denn heute weiß meine Familie, auch damit kann man Geld verdienen :-)

Maria: Isolde – ich habe den Eindruck durch deine Tätigkeit als Herausgeberin von Moments, dass dir der deutsche Liebesroman sehr am Herzen liegt! Ist das für dich eine neue Herausforderung?

Isolde: Als ich bei Moments angefangen habe, hatte ich den Kopf voller übersprühender Ideen was man alles machen kann. Bald musste ich feststellen, das Verlagsgeschäft ist gar nicht so einfach :-). Bereits seit Jahren gibt es auf meiner HP eine Abteilung wo ich deutsche Autor/innen und ihre Bücher vorstelle. Ich weiß, dass es deutsche Autoren besonders schwer haben, denn zum einen ist es sehr anstrengend einen Verlag zu finden und andererseits noch schwerer, einen Liebesroman zu veröffentlichen. Bei Moments hatte ich dann zum ersten Mal die Gelegenheit, deutsche Liebesromanautorinnen richtig zu fördern, denn für Übersetzungen von amerikanischen Liebesromanen fehlte uns das Geld und die Zeit. Gott sei dank haben sich die Premieren auch zu heimlichen Bestsellern bei uns gemausert. Für mich ein Beweis das auch deutsche Autorinnen gut schreiben können und den Erfolg verdienen!

Maria: Ein Forumsmitglied fragt, ob ihr einen Liebesroman habt, den ihr perfekt findet?

Ute: Hm, perfekt ... es gibt ein paar von Georgette Heyer, die in meinen Augen beinahe perfekt sind, "Lord Ajax" zum Beispiel oder "Damenwahl" oder "Eskapaden", vielleicht noch ein paar Amanda Quicks ... aber sonst ... die Jo Goodman Romane, die ich jüngst übersetzt habe, die haben mir wirklich ausgesprochen gut gefallen, weil es der Autorin gelingt, eine komplexe Geschichte stimmig von Anfang bis Ende zu erzählen und alle aufgenommenen Fäden miteinander zu verknüpfen.

Isolde: Na da passt doch perfekt „Mister Perfekt“ von Linda Howard, eins der besten Bücher die ich jemals gelesen habe :-) Allerdings bezweifele ich das es einen "perfekten" Liebesroman gibt.

Maria: Wenn ihr zurückblickt: Haben sich eure Erwartungen erfüllt?

Ute: Meine Erwartungen haben sich mehr als erfüllt. Wenn es so weitergeht, habe ich keinen Grund zur Klage.

Isolde: Ja und nein. Ich wollte Kontakt zu anderen Leserinnen, den habe ich heute definitiv :-). Es ist auch toll heute sagen zu können ich verdiene mit Liebesromanen mein Geld, andererseits habe ich in den letzten Jahren so viele Details gelernt auf die man achten muss, das ich Bücher fast kaum noch zum eigenen Vergnügen lesen kann :-). Naja und mein E-mail Briefkasten quillt ständig über und neben Lesen, Hausarbeit und Arbeiten will natürlich auch der Kontakt zu den virtuellen Freunden gepflegt werden, was manchmal nicht einfach ist.

Eine Sache die mir heute immer noch auf der Seele liegt, ist eine komplette Aktualisierung meiner Homepage. Früher war es einfacher neue Hintergründe online zu schicken, da bestand die Homepage auch nicht aus tausenden von Seiten :-). Heute ist es schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, alles überarbeiten zu wollen. Daher hoffe ich man verzeiht mir, dass das Design der HP etwas veraltet ist und auch nicht mehr geändert wird.

Maria: Gibt es noch etwas, was ihr euch für die Zukunft des Romantischen Bücherforums wünscht?

Ute: Weniger Beiträge, sodass ich wieder Zeit habe, alles zu lesen ... ;))

Isolde: Viele Diskussionen, viel Toleranz und viel Spaß :-)

Maria: Für die Zukunft des Liebesromans?

Ute: Dass wieder mehr wirklich gute Bücher erscheinen - irgendwie gibt es in den letzten Jahren keine Autorin mehr, bei der man unbesehen jedes Buch kaufen kann. Vielleicht bin ich auch einfach zu wählerisch, wer weiß. Aber ich wünsche mir, noch einmal eine Autorin zu finden, die mir wirklich gut gefällt, die ich aber bisher einfach übersehen habe. So wie damals Amanda Quick - auf die bin ich erst relativ spät aufmerksam geworden, sodass ich eine stattliche Backlist aufzuarbeiten hatte - welche Wonne!

Isolde: Ich wünsche mir mehr Anerkennung für die Bücher und die Leser.

Maria: Mir hat das Interview viel Spaß gemacht, ich hoffe euch auch und alle die es lesen werden! Danke schön an Euch beide!

Isolde: Vielen Dank für die tollen Fragen!

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Dieses Interview entstand im Dezember 2002 zwischen Jutta Maria Klein, Ute-Christine Geiler und Isolde Wehr: