Infos zu meiner Heimatstadt Erlangen

Warum Erlangen?
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Erlangen hatte den ersten Eisenbahntunnel Bayerns (wenn nicht sogar ganz Deutschlands!). Das ist logitsch: die erste Eisenbahnstrecke Deutschlands führte von Fürth (Bay) nach Nürnberg, und da ist kein Berg dazwischen. Als die Strecke in Richtung Norden nach Bamberg verlängert wurde, war da plötzlich unser Burgberg im Weg. Der war deswegen im Weg, weil man den geraden Streckenverlauf nicht unterbrechen wollte, also konnte man nicht im Osten um ihn herumbauen. Links (im Westen) war der Ludwig-Donau-Main-Kanal im Weg (seit ca. 1970 verläuft im ehemaligen Kanal die A73, der „Franken-Schnellweg“).
Die Eisenbahnstrecke Nürnberg-Bamberg verläuft im Wesentlichen schnurgeradeaus; deswegen wurde sie während der guten alten Dampflokomotivenzeit oft als Versuchsstrecke für Schnellfahrversuche benutzt. Bis Mitte der 1990er Jahre war sie eine der altmodischsten Strecken in Deutschland (habe ich gehört): sie war deswegen bei Eisenbahn-Fans sehr beliebt; es gab noch viele alte Flügelsignal-Anlagen, per Seilzug gestellte Weichen, viele kleine „Dorfbahnhöfe“, besetzt mit richtigen Menschen, die die ganzen Hebelagen bedienten... ich liebte „unseren“ Brucker Bahnhof! (leider jetzt mit häßlichen (Glas-)Schallschutzwänden zugekastelt.)
Bis ca. 1988 waren hier vor Güterzügen die letzten „Krokodile“ (E-Lok-Baureihe 194, „die mit den Motorhauben vorne und hinten“, stets dunkelgrün) im Einsatz. Ich erinnere mich noch an meinen Schulweg: mehrmals in der Woche, ca. 7:51 Uhr, fuhr unter der Brücke auf meinem Weg dieser Güterzug durch, oft bespannt einem Krokodil (ansonsten mit einer dunkelgrünen 151er, heute auch schon ein Klassiker); es war ein herrlicher Anblick: kurz vor der Brücke war ein Signal, das oft wegen haltender Personenzüge im Brucker Bahnhof auf „Halt“ stand; dann fuhr der Zug los; die 194er kämpfte sich wacker mit dem Zug aus Kohlenwaggons vorwärts; dann, kurz vor der Brücke, schien die frühe Morgensonne durch die staubigen Scheiben quer durch's Führerhaus... dann verschwand die imposante Lok unter der Brücke; oft schaute ich ihr noch nach, wenn sie auf der anderen Seite durch den Brucker Bahnhof fuhr. - Es war einer der letzten Anblicke, die man bei unserer Bahn noch als „historisch“ bezeichnen kann. Ich dachte mir oft: „morgen nimmst Du einen Photoapparat mit und dokumentierst das!" - Dann (1988) war es plötzlich vorbei... (daß ich diesen Moment nie photographiert habe, dafür beiße ich mir heute noch ins Knie...! Zum Glück habe ich noch ein paar Aufnahmen von einer Durchfahrt durch den Brucker Bahnhof, leider an einem diesigen Tag.)
Oft kam morgens noch ein Kohlezug von dem damals noch in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerk Franken II, bespannt mit einer 151er. Seit der Öffnung des Strommarktes wurde das Kohlekraftwerk Franken II stillgelegt (aber zunächst betriebsfähig gehalten); seit ca. 2002 ist auch das Geschichte: der über 200m hohe Schornstein wurde gesprengt. Er war lange Zeit das von weitem sichtbare Erkennungszeichen von Erlangen; Atomstrom aus dem Ausland ist eben doch billiger... Franken II fungiert nun noch als Fernheizkraftwerk (dafür braucht's keinen richtigen Schornstein).
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Erlangen hatte oft weitsichtige und weise Stadtherren: 1685 lud Markgraph Christian von Bayreuth die aus Frankreich wegen Verfolgung geflohenen Hugenotten ein, sich in einem neu gebauten Stadtteil „Christian Erlang“ anzusiedeln. Die Hugenotten brachten viele neue Berufe nach Erlangen; Erlangen profitierte davon und prosperierte. Auch auf die Küche und die Landwirtschaft hatten sie Einfluß: sie brachten die Verwendung des Knoblauchs mit; aufgrund dessen Anbaus in den flachen Ackerbaugebieten zwischen Erlangen und Nürnberg, wird dieser Landstrich auch das „Knoblauchsland“ genannt. Noch heute, wenn man auf der B4 mit offenem Fenster fährt, steigt einem im Frühjahr/Sommer der würzige Geruch von allerlei Gemüsen in die Nase. Ich freue mich schon jedesmal darauf, und nehme jedesmal eine tiefe Nase voll... ;-)
Noch heute kann man viel der damaligen Architektur im heutigen Stadtbild bewundern. Das haben wir unter anderem einem weiteren weisen Mann zu verdienen: am Ende des zweiten Weltkrieges war Herr Lorleberg „Statthalter“ von Erlangen; die anrückenden Amerikaner stellten ihm folgendes Ultimatum: „Entweder Du übergibst uns die Stadt kampflos, oder wir schmeißen sie kaputt." - Er übergab Erlangen kampflos, obwohl er wußte, daß es ihn das Leben kosten würde. - Ihm zu Ehren gibt es heute noch westlich der ehemaligen Hugenottenstadt einen Kreisverkehr, der den Namen „Lorleberg-Platz“ trägt. - Durch „Zufall“ telephonierte ich eines Tages mit einer Versicherung; dort meldete sich ein netter Herr Lorleberg; im Laufe des Gespräches fragte ich, ob er zufällig mit den Lorlebergs aus Erlangen verwandt sei; und ja, er ist einer der Nachfahren „unseres“ Herrn Lorleberg! („Hach, wie klein doch die Welt ist...")
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Als während des zweiten Weltkrieges Berlin „zu heiß“ wurde, verlegte Siemens seine Konzernzentrale nach Erlangen. Das brachte nach dem Krieg viel Wohlstand in die Stadt. Leider verdarb es auch die Grundstückpreise durch die vielen angesiedelten „Chefes“...
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Erlangen hatte einst einen eigenen Flughafen. Als die Fliegerei im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts aufkam, mußte jedes Dorf, das etwas auf sich hielt, einen eigenen Flughafen haben, und wenn es nur eine gemähte Wiese und ein Faß Flugbenzin in einer Scheune war (mehr braucht man „eigentlich“ auch nicht...) - Der Großvater meines Schulkameraden Uwe Malter landete noch auf dem Erlanger Flughafen. - Heute ist der nächstgelegene Flughafen der in Herzogenaurach (für kleinere Privat-/Charterflieger und Franken-Flugschule Malter), der bekanntere ist jedoch der Flughafen Nürnberg. - Nach dem zweiten Weltkrieg diente das Flugplatzgelände den Amerikanern als Kasernengelande, der östlich angrenzende Meilwald als Schießplatz...
Dieser Kaserne haben wir wahrscheinlich auch das erste „amerikanische Gourmet-Schnell-Restaurant“ zu verdanken, das bis heute in unserer ehemaligen Hauptpost am Hugenottenplatz residiert. Es war sehr frequentiert von den GIs aus der Kaserne, die in den 1970ern mit ihren geschulterten Ghetto-Blastern, sich das Gehirn, mindestens jedoch das Trommelfell wegpustend, zum McDonalds pilgerten, um sich mit damals noch in Styropor-Schachteln abgepackten Burgers einzudecken. A propos Hauptpost: die schönen alten Holztüren, die ich als kleines Kind noch mit Hilfe meiner Mutter aufwuchtete, stehen heute im Innenraum seitlich zur Zierde (guckst Du hin!). Überhaupt ist dies wahrscheinlich eines der schönsten McDonalds-Restaurants der Welt: wo gibt es schon in einem solchen Restaurant echte alte Stuckdecken und Marmorsäulen?!
Nach der Grenzöffnung und dem Golfwar I zogen die Amerikaner aus der Kaserne ab; ein paar Freunde und ich wechselten auf der Sparkasse ein paar Dollars ein und gingen zum Spaß in das Kasernengelände zu dem damals einzigartigen Burger-King-Restaurant. Meist gingen wir dort Sonntags hin; vorher gingen wir noch in den noch stattfindenden Gottesdienst der Schwarzen in der Kasernen-Chapel; Mann, Blues-Brothers ist ein Dreck dagegen, wenn man das selbst live miterleben darf: die Leute haben Spaß am Gottesdienst, die Leute singen die Choräle laut mit (und wenn ich sage laut, dann mein ich LAUT); eine Band spielt mit, ein Gospel-Chor sang die Choral-Verse vor, die Gemeinde antwortete, der Pastor geriet bei seiner Predigt außer Puste á la James Brown, und mußte von ein paar Helfern „verarztet“ werden, dann ging's weiter..., eine echte Hammond-C3-Orgel begleitete und überbrückte die KO-Pausen des Pastors...; und das allercoolste: der Baßist saß weit oben auf dem Fenstersims eines der Fenster der Chapel und spielte den coolsten und funkigsten E-Baß, den ich je gehört habe...!
Anschließend ging es dann gegenüber zum Burger-King. Danach mußte man immer unter die Dusche, weil die Amerikaner machten den Doppel-Whopper damals extra-triefig, mehr als heute in deutschen Burger-Kings. – Dann kam das Ende des Kasernen-Burger-Kings: ein paar Freunde, ich und noch ein paar Deutsche hatte von dem Schließungstermin Wind bekommen und gingen in den letzten Stunden dorthin: wir bestellten unsere Essen, ein paar Fritten (French Fries, keine Freiheits-Fritten), einige Whopper und Refill-Coke; viele der anwesenden Deutschen fuhren auf die Whopper ab, weil die nicht so artificial wie die McDonald-Hamburger schmeckten (schmecken, wegen mehr frischen Gemüses, weniger Plastik-Senf/-Cetchup). Mein Freund kam etwas verspätet und bekam den allerletzten Original-Kasernen-Whopper-für-Dollars! Ein paar Amerikaner kamen nach ihm und wollten auch Whoppers, aber der Maitre-de-Cuisine verklickerten ihnen etwas von „All those crazy Germans ;… fressen alle Whoppers weg ;… No more Whoppers ;…"
Leider ist das Vergangenheit. Heute is das Kasernengelände weitestgehend plattgemacht, bis auf die Wohnblocks und andere denkmalgeschützte Gebäude, und es wird neue Industrie angesiedelt; viele neue Wohngebäude wurden gebaut. – Ja damals, das waren noch Zeiten, als uns regelmäßig Panzerkolonnen den Asphalt von den Straßen raspelten …
Kultur: wer würde nicht mal gerne von sich sagen „...und ich, ich war dabei, damals, als Harald Schmidt noch auf kleinen Bühnen aufgetreten ist...!“ – Dann sollte man sich schleunigst nach Erlangen bewegen und ins Fifty-Fifty gehen...!
Kultur II: Ganz Erlangen wird von großen Kinopalästen und Konzernen dominiert... Ganz Erlangen? – Nein, ein kleines, unscheinbares Kino widersteht den Eindringlingen. Und zwar nicht mit den Kassenreißern, die sowieso überall laufen, sondern mit handverlesenen Filmen, teilweise auch älteren, die aber trotzdem sehenswert sind. Das alternative Kinoprogramm. Hier in Erlangen in den traditionsreichen Lamm-Lichtspielen!
In Erlangen gibt's „den Berch“ („den Berg“), die Berg-Kirchweih, weltberühmt. Selbst aus China kommt man angeblich eigens angereist … Dorhin (zum Berg) kommt regelmäßig Europas größtes mobiles Riesenrad. – Leider gibt es seit einigen Jahren (ca. 1998) Verordnungen, die den Geräuschpegel der aufspielenden Bands deutlich reduzierten. Seither kommen die Leute nicht mehr so in Stimmung... Und die Brauereien haben anscheindend konspirativ-kollektiv den Alkoholgehalt ihrer Festbiere heruntergefahren: früher war man mit einer Maß schon ganz gut betankt, heute ist man danach fast nüchtern...
- Wird fortgesetzt... Kommt Zeit, kommt Rat, kommt ...
© 2003 ich Created: Son Mai 4 05:20:06 CEST 2003 Last updated: 2007-09-13T14:37:57+0200 EOF