Informationen zum Thema "Solarstrombörse" Die Solarstrombörse als Alternative zur Kostendeckenden Einspeisevergütung? von Christian Dürschner (April 1998) Als Alternative zur Kostendeckenden Einspeisevergütung (KV) wird von verschiedenen Energieversorgungsunternehmen (EVU), wie z.B. der Fränkischen Überlandwerk AG (FÜW), eine Solarstrombörse (SB) nach dem Vorbild der Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (EWZ) zur Förderung der Photovoltaik (PV) eingeführt. Mit dieser Informationsschrift möchte ich die Funktionsweise einer Solarstrombörse erklären, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur Kostendeckenden Einspeisevergütung aufzeigen und die bisherigen Solarstrombörsen in Zürich und Berlin vorstellen. Abschließend beurteile ich das System "Solarstrombörse" im Vergleich zur "Kostendeckenden Einspeisevergütung". Dabei werden auch die Nachteile der SB im Vergleich zur KV aufgezeigt.
Funktionsweise der Solarstrombörse
Die Solarstrom-Nachfrageseite
Die Solarstrom-Angebotsseite
Unterschiede zwischen der Solarstrombörse und der Kostendeckenden Einspeisevergütung Freiwilliger und vergleichsweise hoher Strompreisaufschlag für einzelne Tarifkunden (z.B. 5 % der Kunden zahlen jährlich 100,00 DM)
kleiner, aber für alle Tarifkunden verpflichtender und zweckgebundener Strompreisaufschlag (z.B. 100 % der Kunden zahlen jährlich 5,00 DM, entsprechend einer in Bayern genehmigungsfähigen allgemeinen Strompreiserhöhung von 0,15 Pf/kWh).
Die Solarstrombörsen in Zürich und in Berlin
Darstellung und Bewertung der Solarstrombörse in Zürich Trotz intensiver staatlicher Förderung (30%-Zuschuß) gab es im Versorgungsgebiet des EWZ bis zur Einführung der Solarstrombörse im Jahr 1997 nur PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 270 kWp, durch die Solarstrombörse sind bislang weitere 270 kWp dazugekommen. Als Ergebnis einer weiteren Ausschreibungsrunde sind weitere 470 kWp in Planung, die bis Ende 1998 installiert sein sollen. Durch die Erhöhung des (staatlichen) Investitionskostenzuschusses auf rund 50 % wird erwartet, daß der Preis einer kWh aus Solarstrom auf 0,80 SFR (ca. 0,95 DM) sinkt. Die Solarstrombörse in Zürich lebt also im wesentlichen von einer Kombination von Investitionskostenzuschuß und daraus resultierender geringerer Vergütung pro kWh. Trotz der immensen staatlichen Förderung wird es aber bis Ende 1998 nur gelungen sein, allenfalls 25 % der Zielvorgabe zu erreichen, weshalb im Hinblick auf die politische Vorgabe eigentlich nicht von einem Erfolg gesprochen werden dürfte. Die Zahl derer, die freiwillig bereit sind, einen deutlich höheren Strompreis zu bezahlen, ist nicht beliebig vermehrbar, sondern umfaßt nur wenige umweltbewußte Menschen. Deshalb dürfte die Sättigungsgrenze auf der Kundenseite sehr bald erreicht werden, was bedeutet, daß dann durch die Solarstrombörse keine weiteren PV-Anlagen mehr gebaut werden (können). Für die Installation weiterer PV-Anlagen zum Erreichen der politischen Zielvorgabe müßte das EWZ die "fehlenden" Anlagen selbst errichten und diese Kosten letztendlich doch über die allgemeine Umlage auf alle Stromkunden wie bei der Kostendeckenden Einspeisevergütung finanzieren. Würde es sich bei der Solarstrombörse in Zürich um eine echte Börse handeln, so hätte die hohe Solarstromnachfrage der EWZ-Kunden zu einem Anstieg des kWh-Preises für Solarstrom führen müssen. Tatsächlich aber hat das EWZ den kWh-Preis für Solarstrom ab 1998 auf höchstens 0,90 SFR (ca. 1,05 DM) begrenzt und statt dessen den Solarstrom rationiert. Dies ist eine Maßnahme aus dem Instrumentarium der Planwirtschaft und eigentlich ein eklatanter Widerspruch zum System einer Börse mit Angebot und Nachfrage.
Darstellung und Bewertung der Solarstrombörse in Berlin Besonderheit dieser Solarstrombörse ist, daß nur die BEWAG als Solarstromnachfrager auftritt und somit die Kosten dieses Förderprogrammes komplett selbst tragen muß. Es handelt sich also eigentlich nicht - wie in Zürich - um eine Börse, sondern eher um eine "Ausschreibung zum Bau von preisgünstigen PV-Anlagen durch BEWAG-Kunden". Vor Einführung der Solarstrombörse gab es in Berlin PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 700 kWp, durch die Aktivitäten des Senats und der Solarstrombörse sind bis Ende 1997 weitere 644 kWp dazugekommen. (Für das erste Quartal 1998 wurden weitere 75 kWp ausgeschrieben.) Auch in Berlin kann also im Hinblick auf die politische Vorgabe kaum von einem Erfolg gesprochen werden.
Solarstrombörse versus Kostendeckende Einspeisevergütung In Zürich haben sich bislang rund 2 % der Kunden mit einem durchschnittlichen Betrag von umgerechnet 120,00 DM an der Solarstrombörse des EWZ beteiligt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Jochen Markard vom Öko-Institut Freiburg untersucht, welchen Beitrag freiwillige Zahlungen von Stromkunden an konventionelle EVU zur Förderung erneuerbarer Energien leisten können. Der Autor stellt dabei fest, daß "die untersuchten Programme immer nur eine sehr kleine Minderheit der Kunden zur Teilnahme motivieren konnten und die Teilnahmequoten deutlich unterhalb der Werte von 20 bis 40 % liegen, die verschiedene Kundenbefragungen hatten vermuten lassen (maximale Teilnahmequoten um die 2 %). [...] Damit bleiben die Programme in ihrer Wirkung beispielsweise deutlich hinter dem Ansatz der Zahlung kostendeckender Einspeisevergütung zurück, bei dem sämtliche Tarifkunden zu Förderaufschlägen verpflichtet werden." In dem Zeitungsartikel "Öko-Strom fließt nur spärlich" von Michael Franken (VDI-Nachrichten vom 19. Juni 1998), der sich allgemein mit der Förderung erneuerbarer Energien durch z.B. Umwelttarife befaßt, ist u.a. folgendes nachzulesen: "Nach gut einem Jahr haben sich von 826.000 Badenwerk-Kunden gerade 290 für den Ökostrom entschieden; das entspricht einer Quote von 0,03 %. Bei der Energieversorgung Schwaben sind es immerhin 0,07 %. [...] Nach Angaben von Eurosolar hat die kostendeckende Vergütung in den vergangenen zwei Jahren zu einer Installation von fast 3 MW Photovoltaikanlagen geführt. [Das ist] gut zehnmal soviel, wie bislang durch grüne Tarife möglich wurde." In diesem Zusammenhang sind auch die Ergebnisse von zwei Umfragen interessant, die Anfang des Jahres 1996 von der RWE AG (Essen) und dem Solarenergie Förderverein e.V. (SFV, Aachen) bei der Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen (Forsa) in Auftrag gegeben wurden: Ergebnis der RWE-Umfrage: Es besteht eine Zahlungsbereitschaft von 80 % der RWE-Kunden für eine vom Staat angeregte (sprich: allgemeine) Strompreiserhöhung zugunsten erneuerbarer Energien. Um weitere Punkte zu klären, die nicht aus der RWE-Umfrage hervorgehen, beauftragte der SFV das Forsa-Institut mit einer bundesweiten Anschlußumfrage: Es sollte herausgefunden werden, ob die Befragten an eine freiwillige Strompreiserhöhung (-> z.B. Umwelttarif, Solarstrombörse etc.) oder an eine allgemeinverbindliche Strompreiserhöhung (-> z.B. Kostendeckende Einspeisevergütung) denken. Ergebnis der SFV-Umfrage: 71 % der Befragten befürworten einen Aufschlag auf den Strompreis, aber nur 27 % denken dabei an einen freiwilligen Aufschlag. Unter denjenigen, die zur Zahlung eines Aufschlages bereit sind, stimmen 68 % für die Kostendeckende Einspeisevergütung von privat erzeugtem Solarstrom, aber nur 24 % dagegen. Die Kostendeckende Einspeisevergütung findet somit eine eindrucksvolle bundesweite Zustimmung.
Zusammenfassung und Fazit Speziell die Kostendeckende Einspeisevergütung, mit einer kleinen, für alle Kunden verpflichtenden und zweckgebundenen Strompreiserhöhung, findet in der Bevölkerung einen Zuspruch von (absolut) fast 50 % (vgl. SFV-Umfrage: 71 % der Befragten sind für eine Strompreiserhöhung, 68 % davon sind für die Kostendeckende Einspeisevergütung). Förderprogramme, die wie die Solarstrombörse auf freiwillige Zahlungen von Stromkunden an ihr Elektrizitätsversorgungsunternehmen setzen, stoßen mit Beteiligungsquoten von maximal 2 % auf nur geringes Interesse. Es müssen sich mindestens 5 % der Stromkunden mit durchschnittlich 100,00 DM an einer Solarstrombörse beteiligen, um das in Bayern genehmigte Fördervolumen der Kostendeckenden Einspeisevergütung (0,15 Pf/kWh) zu erreichen. Dieser Prozentsatz steigt sogar auf über 15 % (!), wenn man eine Erhöhung des Strompreises von 0,5 Pf/kWh zugunsten der KV in Betracht zieht. Alle Anstrengungen, die Photovoltaik auf freiwilliger Basis zu fördern, sind bislang fehlgeschlagen. Als Beispiele seien kurz genannt:
Mit der Einführung von Solarstrombörsen werden offensichtlich weiterhin Freiwillige gesucht, die aus ihrem eigenen Geldbeutel helfen sollen, im Sinne einer Alibifunktion für die wirklich Verantwortlichen zur Lösung der Energieprobleme der Zukunft beizutragen, während Energieverschwender und die Masse der Stromkunden nicht beteiligt werden. Eine existentiell zwingend notwendige Gemeinschaftsaufgabe wird großzügig und gönnerhaft auf Wenige verlagert. Die Pionierphase der Photovoltaik wird damit allenfalls erweitert, der PV aber nicht zu Durchbruch verholfen. Einerseits kann es ein EVU angeblich nicht verantworten, bei der Kostendeckenden Einspeisevergütung die Mehrkosten auf alle Stromkunden umzulegen, weil dies höchst ungerecht sei, der Wirtschaft schade, etc.. Andererseits übernimmt das EVU selbstverständlich sämtliche Kosten der Vermarktung der Solarstrombörse, die letztlich auch alle Stromkunden zahlen müssen. Dies ist ein Widerspruch, der die Glaubwürdigkeit derer in Frage stellt, die so argumentieren und handeln. Die Solarstrombörse vermischt Elemente des Greenpricing (freiwillig erhöhte Zahlungen für einen Anteil des Strombezuges) mit Elementen der Kostendeckenden Einspeisevergütung (Zahlung einer Vergütung, die den Solarstromgestehungskosten entspricht) zu Lasten aller Beteiligten und ist daher abzulehnen. Die Kostendeckende Einspeisevergütung ist eine praxiserprobte und vielfach bewährte Methode zur Förderung und Markteinführung der erneuerbaren Energien. Greenpricing-Modelle, zu denen auch die Solarstrombörse gehört, haben bisher in jeder Variation das erforderliche Volumen nicht erreicht, können und sollen dies sogar nach Aussagen einiger Stromversorger (RWE und Isar-Amper-Werke) nicht erreichen. Fazit: Aus den hier genannten Gründen ist die Einführung der Kostendeckenden Einspeisevergütung der Einführung einer Solarstrombörse vorzuziehen. Die Solarstrombörse ist im Vergleich zur Kostendeckenden Einspeisevergütung die schlechtere Lösung.
Apropos: Was sonst noch zu sagen wäre...
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