70 Jahre Approbationsentzug

„Fegt alle hinweg!“

Ausstellung zum Gedenken
an die Vertreibung und Verfolgung jüdischer Ärzte 1933-1945

Am 30. September 1938 verloren alle jüdischen Ärztinnen und Ärzte im Deutschen Reich per Gesetz vom 25. Juli 1938 ihre Approbation und damit die Möglichkeit, ihren Beruf weiter auszuüben. Zum 31. Januar 1939 wurde das Verbot auf die jüdischen Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker ausgeweitet. Für die Betroffenen und ihre Familien war dies die Fortsetzung der bis dahin erlebten gesellschaftlichen Diskriminierung und Ausgrenzung in den Jahren nach der „Machtergreifung“, maßgeblich vorangetrieben durch einflussreiche Verbände der Ärzteschaft bzw. durch die von den Nationalsozialisten neu geschaffenen Standesorganisationen.

1933 gab es in Deutschland etwa 9000 jüdische Ärztinnen und Ärzte. Bis 1938 wurden viele von ihnen bereits ins Exil getrieben oder hatten, durch den ständigen Druck der Diskriminierung, verzweifelt ihrem Leben ein Ende gesetzt. Für die verbliebenen 3152 bedeutete der Entzug der Approbation zum 30. September 1938 die endgültige Zerstörung der beruflichen Existenz. Das Leid der systematischen Verfolgung und die Ermordung in den Vernichtungslagern folgten.

Die Ausstellung stützt sich auf die zum 50. Jahrestag des Entzugs der Approbation vorgelegte Dokumentation „Schicksale jüdischer und ’staatsfeindlicher’ Ärztinnen und Ärzte nach 1933 in München“ von Renate Jäckle, auf die Schrift „Nationalsozialistische Verfolgung der jüdischen Ärzte in Bayern“, die von der Bayerischen Landesärztekammer zum 60. Jahrestag veröffentlicht wurde, und Recherchen der IPPNW-Regionalgruppe Nürnberg - Erlangen - Fürth.

Telegramm von Geheimrat Dr. Alfons Stauder, Vorsitzender von Ärztevereinsbund und Hartmannbund, am 22. März 1933 an Adolf Hitler:
„Die ärztlichen Spitzenverbände Deutschlands, Ärztevereinsbund und Verband der Ärzte Deutschlands, begrüßen freudigst den entschlossenen Willen der Reichsregierung der nationalen Erhebung, eine wahre Volksgemeinschaft aller Stände, Berufe und Klassen aufzubauen, und stellen sich freudigst in den Dienst dieser großen vaterländischen Aufgabe mit dem Gelöbnis treuester Pflichterfüllung als Diener der Volksgesundheit“
(zit. nach N. Jachertz: NS-Machtergreifung: „Freudigst fügte sich die Ärzteschaft“, Deutsches Ärzteblatt 2008; 105(12):A-622).

Was mit „Fegt alle hinweg, die die Zeichen der Zeit nicht verstehen wollen“ (Nationalsozialistischer Deutscher Ärztebund) begann, endete 1939 mit der Zeitungsmeldung: „Die gesamte Gesundheitspflege von Juden gereinigt“.

Die Ausstellung dokumentiert an Hand von Beispielen jüdischer Ärztinnen und Ärzte aus München, Nürnberg und Fürth, wie die Nationalsozialisten durch Verordnungen und Gesetze Lebensgeschichten zerstörten.

Vor 1933 lebten und arbeiteten in Nürnberg und Fürth mindestens 150 jüdische Ärztinnen und Ärzte in Kliniken und Praxen. Ihre systematische Verdrängung aus dem Berufsleben führte zu einer spürbaren Einschränkung der ärztlichen Versorgung.

Im Gedenken an die verfolgten und ermordeten Ärztinnen und Ärzte werden in der Ausstellung – neben den Beispielen aus München – einzelne Schicksale aus Nürnberg und Fürth exemplarisch dargestellt:

Prof. Dr. Ernst Nathan, Chefarzt der Hautklinik im Nürnberger Klinikum, der schon 1933 aus seinem Amt vertrieben wurde und bis zu seiner Emigration in die USA im Jahr 1939 in seiner Wohnung praktizierte.

Dr. Alexander Frankenburger, Lungenfacharzt und Leiter der von ihm gegründeten Tuberkulosefürsorgestelle in Nürnberg, der seine Einrichtung nach 1933 nicht weiter leiten durfte und nach der Reichspogromnacht 1939 Suizid beging.

Dr. Jakob Frank, angesehener Chirurg und Chefarzt des Fürther Krankenhauses, der schon 1933 aus seinem Amt vertrieben wurde und bis zu seiner Flucht 1939 im jüdischen Hospital arbeitete.

Dr. Irma Kraus, praktische Ärztin in Fürth, die 1935 wegen „gewerbsmäßiger Abtreibung“ zu sechs Jahren Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für fünf Jahre verurteilt wurde und im KZ Ravensbrück „unter ungeklärten Umständen“ starb.

Schirmherrschaft: Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München

Münchener Ausstellung:
Konzept: Ursula und Hansjörg Ebell, München
Ausstellungsgestaltung und Flyer: Tobias Wittenborn, München
www.Jahrestag-Approbationsentzug.de

Nürnberg-Fürther Ausstellungsteil:
Regionalgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen der IPPNW in Kooperation mit:
AOK Bayern - Direktion Mittelfranken, Klinikum Nürnberg, Ärztlicher Kreisverband Nürnberg und Bezirksverband Mittelfranken, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, Praxisnetz Nürnberg Nord, Praxisnetz Nürnberg Süd, Klinikum Fürth, Ärztenetz Fürth, Sparkasse Fürth

Verantwortlich: Prof. Dr. Hannes Wandt
Recherche: Drs. B. Höffken, H. Seithe, H. Wandt, E. und H. Wentzlaff

Für ihre kompetente Beratung danken wir besonders Herrn Stadtarchivar Gerhard Jochem, Stadtarchiv Nürnberg, und Frau Barbara Ohm, Fürth.

Ausstellungstermine 2009
Klinikum Nürnberg Nord 17. - 30. Juni
Klinikum Nürnberg Süd 1. - 15. Juli
AOK-Direktion Mittelfranken, Nürnberg, 21. Juli - 10. August
Ehrenhalle des Alten Rathaus, Nürnberg, 11. August - 4. September
Klinikum Hersbruck 5. - 13. September
Klinikum Fürth 16. September - 4. Oktober und
Gemeinde Gräfenberg 18. Oktober - 12. November.

 

 
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