Gespräch mit Zeitzeugen
in Sondershausen / Thüringen
Kreuz von Gotha
Während der Studien- und Begegnungsfahrt in Thüringen wurde der Zeitzeuge Pater Paul Beschet SJ, der mit Marcel Callo im Gefängnis von Gotha und im Konzentrationslager Flossenbürg war, von der Stadt Sondershausen empfangen. Als Student wurde Pater Beschet zum Arbeitsdienst während des 2. Weltkrieges nach Deutschland eingezogen und war 9 Monate Bürger von Sondershausen. Im Gespräch mit dem Bürgermeister und dem Pfarrer sagte er:
Empfang in Sondershausen

Der Zeitzeuge Pater Beschet SJ (ganz links) während des Empfangs durch die Stadt Sondershausen im Gespräch mit dem Bürgermeister (ganz rechts). Rechts neben Pater Beschet die Vizepostulatorin im Seligsprechungsprozeß von Marcel Callo, Rosemarie Pabel, als Dolmetscherin.

Pater Beschet: Als ich nach dem Kriegsende nach Lyon kam, sagte ein Verwandter zu mir: "Man müsste alle Deutschen verschwinden lassen". Ich sagte: "Nein. Ich habe gute Erfahrungen mit Deutschen gemacht. Wenn sie mich nicht so gut behandelt hätten, wäre ich nicht nach Hause zurückgekommen." Im August 1947 machte ich mit Jugendlichen aus Frankreich in Maria Laach ein Zeltlager. Ich sagte mir, wir müssen uns verständigen, gemeinsame Sache machen. Dies war auch die Devise von Robert Schumann. Er war ein großer Politiker.

Bürgermeister von Sondershausen: Nach der letzten Wahl in Ost-Deutschland mit einem hohen NDP-Stimmen-Anteil, wird es gefährlich. Man scheint die Realität der Vergangenheit zu vergessen. Man muss die jungen Leute über die Wahrheit der Vergangenheit informieren. Am besten können das die Zeitzeugen.

Pater Beschet: Geschichtslehrer sollen Schülern die Gefahr aufzeigen.

Pfarrer von Sondershausen: Wie kamen Sie zurück nach Frankreich und wie ging Ihr Leben dann weiter?

Pater Beschet: Nach meiner Rückkehr war ich 25 Jahre alt. Dann folgte das Studium der Philosophie und der Theologie. 1952 war die Priesterweihe. Als ich zurück kam war ich nicht im besten Zustand und unfähig, sofort mit dem Studium zu beginnen. Mein Verantwortlicher bat mich, meine Erfahrungen und Erinnerungen in Deutschland aufzuschreiben. 1947 entstand dann das Buch "Mission in Thüringen" Es ist kein Buch im eigentlichen Sinn, auch keine genauen historischen Daten, sondern nur Erinnerungen. Nachher war ich Direktor einer Schule in Nantes und kümmerte mich vor allem um die Pfadfinder. Als Nationalkurat der Pfadfinder war ich mit jungen Leuten drei Mal in Deutschland um Land und Leute kennen zu lernen. 1956 kauften wir sogar eine Gitarre in Deutschland.

Bürgermeister von Sondershausen: Ich bin schon von der dritten Generation. Zwei Dinge möchte ich hier ausdrücken. Zum einen, Scham und Ärger, dass es in Deutschland einen Hitler gab, aber auch dass man sich jetzt versteht. Ich hoffe auf eine weitere gute gemeinsame Zukunft.

Pater Beschet sagt mit einem Lächeln: Das waren doch nicht Sie.

(Auszug aus Gesprächsnotizen, die während des Empfangs gemacht wurden)

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